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  • AutorenbildYumymamy

Der Dachbodenfund Kapitel 5 Unveröffentlichter Roman


*5*

Nach meiner OP soll ich mich ja nun ein bisschen schonen. Muss viel laufen oder liegen. Habe mich für Letzteres entschieden. Leider muss ich vorrübergehend auch so etwas tragen, das meine Oma als „Gummistrümpfe“ bezeichnete. Sonst kommen die Krampfadern wieder, wurde mir gesagt. Krampfadern. Das klingt fürchterlich. So alt. Aber nun sind sie ja Gott sei Dank weg und ich werde dieses Wort, sagen wir mal vor 65, nicht wieder in den Mund nehmen (Trugschluss! Anmerkung der Autorin!). Die Operation war eigentlich recht harmlos. Es gab nur zwei Dinge, die mich wirklich belastet haben:

  1. Operiert wurde auf nüchternen Magen (d.h. ICH hatte nüchtern zu sein, der Arzt und sein Team hatten ganz sicher leckere Franzbrötchen, Obstsalat, Eier mit Speck verputzt und dazu ein opligatorisches Kreislaufsektchen genossen!!). Hungrig bin ich leider unausstehlich, aber das war denen egal, man würde mich ja sowieso mit einer Elefantennarkose ruhig stellen!

  2. Die Narkose, ja, die hatte was! Ich wollte nicht komplett außer Gefecht gesetzt werden, dazu war ich an der Operation als leidenschaftliche VISITE-Zuschauerin viel zu sehr interessiert. Nur die Beine sollten sie mir mittels Rückenmarkspritze betäuben, ich wollte live dabei sein! Die Ängste, nachdem 6 Stunden nach der OP immer noch kein richtiges Gefühl in den Beinen war, kann ich niemanden beschreiben!! Krampfaderlos und gelähmt…das war für mich keine Alternative! Auch die beunruhigenden Worte der Schwester („Langsam müssten Sie aber wieder laufen können, normalerweise kehrt das Gefühl nach 3-4 Stunden zurück!“) waren nur wenig tröstlich!

So gesehen wurde ich heilfroh wenn auch nicht hüpfend aber zumindest gehend aus dem Krankenhaus entlassen. Mitfühlende Verwandte und Bekannte, die sich nach meinem Wohlergehen erkundigten, fiel ich denn auch mit Tränen in den Augen um den Hals und stammelte etwas wie „Ich kann wieder laufen!!“ Dies stieß auf einige Irritationen und man beschloss, mich erst einmal ein bisschen zur Ruhe kommen zu lassen. Aber Schluss mit den Krankengeschichten. Mit einem gefühlten Alter von 25 bin ich einfach noch zu jung für so etwas. Ich weiß nur, der Sommer kann kommen und meine Röcke werden dieses Jahr sehr kurz ausfallen. Meine Beine sind wie neugeboren. Naja. Enttäuschender Weise nicht wirklich, sie sind nun statt mit Krampfadern übersät mit kleinen OP-Narben und ich bin mir zum jetzigen Zeitpunkt nicht sicher, ob tatsächlich die Krampfadern nicht das kleinere Übel gewesen sind! Aber die Zeit heilt ja bekanntlich alle Narben (stimmt! Anmerkung der Autorin).

Gleich muss ich noch ein paar Dinge im Haushalt erledigen, die über die bloße gedankliche Organisation hinausgehen. Schließlich ist heute Mittwoch und sprechstundenfreier Tag. D.h. Dr. Wolfgang ist zu Hause und beäugt jeden meiner Handschläge mit Argusaugen. Er hasst Unordnung. Ein leidiges Thema hier bei uns. Frau und Kinder machen nun einmal Arbeit und Dreck, das hätte er sich vorher überlegen sollen! Ich persönlich finde mich allerdings nicht unordentlich. Ich würde es eher als kreativen Lebensstil bezeichnen. Ich mag kein steriles Wohnambiente, in dem ich stets das Gefühl haben muss, in eine Ecke der Polsterabteilung von Möbel-Karstadt eingezogen zu sein. Wolfgang mag das auch nicht. Aber er meint, es gäbe da sicher noch eine Möglichkeit zwischen Müllhalde und Möbelhaus. Ich könnte bei solchen Bemerkungen explodieren!! Müllhalde! Letztendlich sind es zu 100 Prozent seine Zeitungen, die hier jeden Winkel der Wohnung verstopfen! Ich habe einfach nicht genügend Platz, um für jedes Ding im Haus ein eigenes Eckchen zu finden. Ich muss quetschen, drücken und schieben, damit alles, was sich im Laufe der Tage auf Böden und Tischen angesammelt hat, irgendwo in Regalen und Schubladen verschwindet, so dass zumindest eine oberflächliche Ordnung hergestellt ist. Dieses „Aufräumen“ findet zwangsweise zweimal wöchentlich statt, dann nämlich, wenn Frau von Asendorf zum Putzen kommt. Ich hasse diese Tage. Manchmal habe ich das Gefühl, die Frau macht mir mehr Arbeit als das sie mir hilft.

Irgendwann am Anfang unserer Ehe schien es mir tausend gute Gründe zu geben, eine Putzfrau einzustellen:

  • Ich war jaguarfahrende Zahnarztfrau (was nicht wirklich stimmt, tatsächlich darf ich Wolfgangs Schmuckstück nur im Notfall steuern, d.h. nach Feiern, wenn er getrunken hat…), jedenfalls war eine Zugehfrau in meinen Augen rein statusmäßig ein Muss.

  • Ãœber kurz oder lang würde ich Mutter werden und dann, wenn man Erfahrungsberichten Glauben schenken durfte, einen Grad an Ãœberforderung erreichen, der keine haushaltlichen Nebentätigkeiten mehr zulassen würde.

  • Bereits auf dem ersten Zahnärzteball stellte ich fest, dass die Beschaffung, Unterhaltung und Arbeitsleistung so einer Haushaltsperle ein unerschöpfliches Gesprächsthema unter den anderen Zahnarztfrauen war, bei dem ich einfach mitreden musste, um nicht den kompletten Abend zwischen dem Pflichttanz mit meinem Ehemann und der großen Tombola am Ende der Veranstaltung an einem Wasserglas nippend stumm auf die Tanzfläche zu starren.

  • Es erschien mir als angenehm, jemanden zu haben, der sich unauffällig um die unangenehmen Dinge des Lebens kümmerte, während ich mich auf die Annehmlichkeiten konzentrieren konnte.

  • Langfristig konnten Streitigkeiten zwischen Wolfgang und mir zum Thema (Un-)ordnung vorgebeugt und somit unsere Ehe harmonisch gestaltet werden.

Aus heutiger Sicht kenne ich gute Gründe, die gegen die Beschäftigung einer Putzfrau sprechen:

  • Zugehfrauen kommen nicht mehr mit dem Bus oder Fahrrad-entweder, sie fahren im eigenen Mercedes vor (finanziert durch horrende Zugehfrauen-Gehälter) oder sie lassen sich vom Auftraggeber (mir) abholen.

  • Zugehfrauen lehnen die von mir aus finanziellen Gründen favorisierten ALDI-Putzmittel ab und bringen (gegen Lohnaufschlag) eigene Cleaning-Produkte namenhafter Hersteller selber mit.

  • Zugehfrauen haben ihre eigenen Arbeitsmethoden und überhören Hinweise, die Mamorablagen im Bad doch bitte nicht mit Akkupads zu scheuern, geflissentlich, frei nach dem Motto „Wer ist hier vom Fach – Sie oder ich?!?“

  • Eine Zugehfrau macht Arbeit: bevor sie kommt, muss die Wohnung aufgeräumt und der gröbste Schmutz beseitigt sein

  • Eine Zugehfrau schränkt ein: ist sie da, hat man a.) die Möglichkeit, zu Hause zu bleiben und ihr ständig im Wege zu sein (man muss auch auf seine morgendlichen Seifenopern verzichten –die Blöße will man sich schließlich nicht geben!) oder b.) man ergreift die Flucht und lungert 4 Stunden im nahegelegenen Einkaufszentrum herum, wo man ungewollt Geld für Unnützes ausgibt und somit den Luxus einer Zugehfrau um ein weiteres Vielfaches erhöht.

Aber hat man sich erst einmal für eine solche „Perle“ entschieden, kommt man aus der Nummer so schnell auch nicht wieder heraus und so habe ich mich eben irgendwie mit ihr arrangiert. Auch als Zahnarztfrau muss man kompromissbereit sein, das musste ich bitter erfahren!

Kapital 6 nächsten Montag hier im Blog!


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