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  • AutorenbildYumymamy

Der Dachbodenfund Kapitel 4 Unveröffentlichter Roman


*4*

12 Jahre Ehe sind eine lange Zeit. Man verändert sich. Besser gesagt, ER verändert sich. Ich für meinen Teil habe ja immer das Empfinden, ich hätte mich seit unserem Kennenlernen überhaupt nicht verändert. Na gut, ich bin jetzt Mitte 30 und aus der Nähe betrachtet (ich würde sagen, ab einem Abstand von 3- 5 Metern...) sieht man natürlich schon die eine oder andere Lachfalte. Bis vor Kurzem war es auch kein Problem für mich, hier und da ein graues Haar herauszuzupfen. Mittlerweile jedoch habe ich den Eindruck, auf ein herausgerissenes graues Haar kommen 8 neue, noch grauere Haare…Aber Gott sei Dank gibt es ja heute diverse kosmetische Maßnahmen, die man ergreifen kann, um den allmählichen Verfall seiner selbst vor der Außenwelt weitestgehend zu verbergen (und ich rede hier nicht von Botox, das gab es zum Zeitpunkt meines Dachbodenfundes nämlich noch nicht!!).

Um mit 13 auszusehen wie 13, war eigentlich

noch nicht weiter viel nötig.

Mein kosmetisches Pensum damals:

  • Regelmäßiges Haarekämmen

  • Mehr oder weniger regelmäßiges Zähneputzen

  • Clearasil-Pickelcreme bei Bedarf (um die 12x täglich)

Um mit 25 auszusehen wie 25 wurde das Schönheitspflegeprogramm umfolgende Punkte erweitert:

  • Tägliches Duschen

  • Nassrasur der Beine

  • Eincremen mit Nivea-Bodylotion

  • Regelmäßiges Zähneputzen

  • Morgens Aldi-Tagescreme

  • Abends Aldi-Nachtcreme

  • 1x wöchentlich Bierspülung für die Haare (der einzige Punkt übrigens, den auch Männer in ihrem Pflegeprogramm haben, sie spülen allerdings die Kehle!)

  • Wimperntusche, Lippenstift

  • Maniküre

  • Gelegentlich Pediküre

Um mit 35 auszusehen wie 25 wird nun der Pflegeplan ergänzt um:

  • Durchblutungsfördernde Wechselduschen

  • Bürstenmassagen

  • Haarentfernung mit Wachs (auch im Gesicht)

  • Anticellulitescreme

  • Dekolleté-glättende Lotion

  • Regelmäßige Anwendung von Zahnseide/Munddusche/-wasser

  • Morgends klärendes Gesichtswasser, feuchtigkeitsspendende Tagescreme (nicht unter 38 Euro), mattierende Makeup-Grundlage

  • Makeup, Lippenkonturenstift, Eyliner, Puder und Volumen-Mascara

  • Abends reinigendes Peeling, Augenmakeup-Entferner, nähreiche Nachtcreme (ebenfalls mindestens 38 Euro), regenerierende Gesichtsmaske

  • Regelmäßige Entfernung der Hornhaut an den Füßen inklusive Nutzung von Gehwohl-Schrundensalbe

  • Ãœber Nacht Handpackungen geschützt durch wollene Handschuhe und Softwickler in den Haaren

Ich stehe morgens mit den Hühnern auf, um gegen 6 Uhr natürlich frisch den Rest der Familie zu wecken und fürchte, dass ich mit 45 meinen Beruf aufgeben muss, um die Zeit dafür aufzubringen, wie 25 auszusehen!Falls ich bis dahin überhaupt wieder einer bezahlten Tätigkeit nachgehe…Beide Kinder sind nun morgens in der Schule (zumindest behaupten sie dies), aber ich brauche vormittags schon sehr viel Zeit, um allein gedanklich die Organisation meines Haushaltes durchzuspielen. Was soll ich kochen? Muss ich dafür einkaufen? Oder finden sich irgendwo noch Reste? Kann ich die Bügelwäsche auch auf nächste Woche verschieben? Wo ist die Telefonnummer vom Fensterputzer? Gibt es noch eine freie Ecke, in der ich den Altpapierstapel vorübergehend deponieren kann? Müssen Betten überhaupt gemacht werden oder reicht es nicht auch aus, die Schlafzimmertür zu schließen? Weil ich in diesen Überlegungen gründlich bin (wenn ich etwas mache, dann richtig!) geht so ein Vormittag schnell ins Land. Zumal ich mir manchmal auch noch den telefonischen Rat bei anderen Hausfrauen und Müttern einhole (was kochen sie? Welche Vorteile hat ein Bügelgerät im Werte von 750 Euro gegenüber meinem herkömmlichen Dampfgerät? Was ist der angemessene Lohn für eine Zugehfrau? Wie gefällt ihnen die neue Frisur von „Bärbel am Mittag“?) So ein Telefonat kann dann schon einmal ganz ungeplant an die 60 bis 90 Minuten herangehen. Ich wüsste also gar nicht, wie ich in die knappe Zeit, die dann noch übrig bleibt, einen Job packen sollte?!? Und im Gegensatz zu Wolfgang hätte ich ja niemanden, der hinter mir stehen und mir den Rücken stärken würde! Dieses Gefühl kenne ich eigentlich nur von meinem wöchentlichen Termin beim Osteopathen, der sich regelmäßig meiner lädierten und verspannten Nackenmuskulatur widmet! Das ich jedem Flugzeug, das über unser in der Einflugschneise des Flughafens gelegenes Haus hinweg fliegt wehmütig nachschaue und manchmal davon träume, Männern in Businessanzügen Tomatensaft zu servieren statt einer Horde Grundschülenr Brokkoli schön zu reden, das habe ich bisher noch niemanden verraten!!

Nächstes Kapitel wie immer montags...es sei denn, ich habe Besseres zu tun (Zirkeltraining z.B.!!)


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