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  • AutorenbildYumymamy

Der Dachbodenfund Kapitel 3 Unveröffentlichter Roman


*3*

Es war damals tatsächlich nicht so leicht, ein paarungsbereites Männchen zu finden. Die Männer, die ich damals kennenlernte, hatten schon Schwierigkeiten, „Ja, ich will“ zu sagen, wenn ihnen jemand Freibier anbot. Umso erfreuter war ich, als eines Tages mein Telefon klingelte und Dr.W. Köster sich nach meinem Wohlergehen erkundigte. Wie ich mit dem Provisorium zu Recht käme? Und dass ich es keinesfalls versäumen sollte, mir für das nächste Quartal einen Termin zur weiteren Behandlung geben zu lassen… Er würde die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten gern einmal bei einem Glas Wein beim neu eröffneten Nobel-Italiener mit mir besprechen. Ob er mich am Abend um 20 Uhr abholen dürfte?

Natürlich durfte er nicht. Die Dating-Regeln waren mir bekannt-Rarmachen hieß interessanter wirken! Ausgebucht bedeutete begehrt zu sein! Und Konkurrenz belebte das Geschäft! Dass ich tatsächlich die nächsten 10 Tage bis zu unserer Verabredung wie eine Raubkatze im Käfig durch die Wohnung tigerte und für jeden Tag, den ich mehr recht als schlecht hinter mich brachte, eine Kerbe in die Türzarge ritzte, brauchte er ja schließlich nicht zu wissen! Daniel vertröstete ich in dieser Zeit, denn ich musste die freien Stunden nutzen, um meine Beine zu epilieren, meine Hornhaut von den Füßen zu raspeln (mit Geh-Wohl-Schrundensalbe war es in diesem Akutfall nicht mehr getan!!) und neue Unterwäsche zu kaufen. Sollte ich an besagtem Abend einen silikongefüllten Push-up-BH und somit Busen tragen? Allerdings würde ich damit das Risiko eingehen, dass, sollte (also nur im allertheoretischsten Fall, es war am ersten Abend eher unwahrscheinlich, aber man wusste ja nie…) also, sollte man sich in intimer Weise näher kommen und würde er mir im Zuge dieser Annährung den BH ausziehen wollen, ihn das Gewicht des 5kg –Büstenhalters in die Knie zwingen und mein überraschend geringer Brustumfang vielleicht ernüchternd wirken könnte… Auf der anderen Seite – die Chance, dass es tatsächlich zu solcherlei Annährung kommen würde, stand mit prallem Busen einfach besser! Heutzutage gibt es ja sogar BHs mit Luft oder Wasser gefüllt! Welch Fortschritt zu den durchgeschwitzten Tennissocken, mit denen ich mir mit 13 zu helfen wusste! Man stelle sich vor, der geliebte Mann möchte einem in einem Anflug von Romantik eine Diamantbrosche ans Revers heften und sticht versehentlich in den BH! Entweder schrumpft man als Frau zischend in sich zusammen wie ein Luftballon oder steht mit durchnässter Bluse ohne Brüste da!!

Jedenfalls hatte ich wahnsinniges Herzklopfen – da ich, wie gesagt, seinerzeit auf dem Zahnarztstuhl mit den Luftlöchern beschäftigt war, hatte ich nur noch verschwommene Erinnerungen an Dr. Köster selbst, aber ich war noch nie mit einem Arzt ausgegangen und nach Pilot war eigentlich ein Doktor der Zahnmedizin der von mir favorisierte Heiratskandidat Nummer 2! Folgende Vorteile gingen mir bei diesem Gedanken durch den Sinn:

  • Als Zahnarztfrau würde ich in Werbespots mit strahlendem Lächeln Zahncremes empfehlen

  • Mein Zahnarzt wäre zukünftig gleichzeitig die Person, die mich behandelte und mir währenddessen beruhigend die Hand hielt

  • Als Uniform-bzw.Kittelträger spart ein Zahnarzt Geld für teure Anzüge und Krawatten, das ich dann stattdessen in meine eigene Garderobe würde investieren können

  • Nicht nur der Zahnarztkittel wäre weiß, sondern auch die Villa, die er mit mir bewohnen und der Gartenzaun, an dem ich ihn abends empfangen würde

  • Er hätte einwandfreie Umgangsformen und einmal im Jahr würde er mich in einem sündhaft teurem Kleid auf den Zahnärzteball ins Atlantik-Hotel ausführen

  • Durch angenehme Praxisöffnungszeiten (Mittwochs geschlossen, freitags ab 12 Uhr Feierabend) würde er viel Zeit haben, sich seiner Familie zu widmen

Heute, 12 Jahre später, weiß ich, dass die Aufregung umsonst war:

  • Ich durfte noch nie im Fernsehen Zahncremes empfehlen, stattdessen mündet jedes gesellige Zusammensein mit Freunden spätestens beim Dessert in Fragen die jeweiligen Zähne der Gäste betreffend

  • Statt Händchenhalten kommt während der Behandlung meiner Zähne nur ein unwirsches „Stell dich nicht so an, so schlimm ist’s nun auch wieder nicht!“ hinter Wolfgangs Mundschutz hervor

  • Wir haben keine weiße Villa. Wir haben gar keine Villa

  • Außerhalb unserer vier Wände hat er tatsächlich gute Umgangsformen, sind wir allein, vergisst er diese zumeist und trinkt vor dem Fernseher Bier aus der Flasche

  • Auf dem Zahnärzteball trage ich ein sündhaft teures Kleid – seit 10 Jahren dasselbe

  • Er hat tatsächlich viel Zeit – und nutzt sie, um sich unaufgefordert in meine Angelegenheiten zu mischen und mir mehr Arbeit als nötig zu machen

All dies war mir damals nicht bewusst und so kam es wie es kommen musste…ich wurde Zahnarztfrau!

Kapitel 4 demnächst hier im Blog!


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